Die innerlinke Nabelschau rund um die Diskussionen zum Umgang der Linken mit dem Jahrestag der Bombardierung Dresdens am 13./14. Februar 1945 geht weiter.
Hierzu gibt es eine weitere Antwort eines Kritikers auf den, in der Zeitung des AZ Conni „ctrl_f“ erschienenen, Text „Linke Wahrheiten?“.
Wer diese Texte lesen möchte sei auf die Seite der Gruppe Black Monday verwiesen.
Dort findet sich der erste Text von „Ralf“: „Linke Wahrheiten?“, sowie die Antwort der Gruppe Black Monday: „Die böse Geschichte“.
Die Fortsetzung der Debatte mit dem Titel „Linke Lügen“ ist hier vollständig dokumentiert.
Linke Lügen
Antwort auf Ralf
Nachdem schon in der ersten Ausgabe dieser Zeitung dem Aufruf zum 13. Februar aus fadenscheinigen Gründen der Abdruck verweigert wurde, wird nun schon deutlicher welche Ansichten im Kreis der HerausgeberInnen vertreten werden.
Der Text von Ralf aus der 3. Ausgabe dieser Zeitung verschlägt einem glatt die Sprache. Er verspricht „herrschaftskritische Anmerkungen zur linken Debatte um den 13. Februar“ (Dieses und alle folgenden mit R. gekennzeichneten Zitate entstammen dem Text., „Linke Wahrheiten?“ von Ralf aus der ctrl_f Nr.3).
Zum Thema 13.Februar von Herrschaftskritik zu schwafeln und „eine eigenständige, linke Kritik auch am Verhalten der Alliierten“ (R.) zu fordern, ist nun in ungefähr so originell, wie wenn das Gespräch auf Israel kommt, auf eine Kritik von Staatlichkeit und Militärs zu insistieren. Darin und auch im weiteren Verlauf seiner „Anmerkungen“, offenbart sich die Unfähigkeit zwischen Besonderem und Allgemeinem zu unterscheiden und beides ins Verhältnis zu setzen – das nur am Rande.
Originell ist seine Forderung auch deswegen nicht, weil die jüngere Geschichte des 13. Februar in Dresden sehr anschaulich zeigte wie es aussieht wenn Leute aus dieser Motivation heraus praktisch werden und zur Tat schreiten. Seit den 60ern gab es in Dresden kein öffentliches „Gedenken“. Bis 1982 Personen aus der linken, oppositionellen Friedensbewegung aus der gleichen Motivation heraus auf die selbe Idee kamen wie Ralf und meinten am 13. Februar Herrschafts- und Militärkritik betreiben zu müssen und sich zu diesem Zweck vor der Ruine der Frauenkirche versammelten.
Die Folgen sind bekannt: wenige Jahre später sprangen Kirche, Stadt und Bürger – also das was sich heute Zivilgesellschaft nennt - mit ins Boot und übernahmen das Steuer dieser reaktionären Bewegung. Und bald schon konnte im Kulturpalast ein allseits bekannter Holocaustleugner, auf Einladung der Stadt, seine Thesen verbreiten.
Kurz und schlecht: Es wurde den Nazis ein Klima geschaffen, in dem sie sich wohlfühlen können und nicht mit Widerstand rechnen müssen.
Das Ralf nun tatsächlich einen der Gründe, der zu diesem widerlichen Zuständen geführt hat, als Medizin dagegen preist, zeigt nur seine völlige Verkennung der Realität, speziell derer, die hier in Dresden vorzufinden ist.
Die Absurdität Pazifismus zu betreiben, was ja eine implizite Forderung von Ralf´s Text ist, wird in der Konfrontation mit dem Nationalsozialismus nur allzu deutlich. (Aber auch mit dem Islamofaschismus, der ja meint: „Ihr liebt das Leben – wir lieben den Tod!“.)
Um die Wahrheit nun trotzdem umzulügen und die Lüge zur Wahrheit zu machen, empfiehlt sich natürlich das postmoderne, diskurstheoretische Geschwätz, in dessen Duktus er die Trennung zwischen den „damaligen als Opfer betroffene Zeitgenossen“ (R.) einerseits, denen er gnädigerweise zugesteht sich über die Niederlagen der Deutschen zu freuen, und „einer heutigen Linken“ (R.) andererseits, einführt.
Diese speziell linke Art der Schlussstrichpolitik ignoriert, das die Verhältnisse fortleben die zu Auschwitz geführt haben. Also eine Ökonomie, die ihrem Wesen nach den Menschen zu ihren Anhängsel macht, deren Erscheinung sich allerdings im Bewusstsein des einzelnen fetischisiert, als Ideologie widerspiegelt. Sie ignoriert auch die Gefahren die diese Ideologien, besonders die in der islamischen Welt äußerst virulente Antisemitische, aktuell darstellen.
Aber weiter im Text: Da „die Beteiligten (...) heute nicht unter dem Zwang der Abwehr eines auf Vernichtung gepolten politischen Systems (stehen)“ (R.) – als gäbe es keinen politischen Islam, als gäbe es nicht von diesem das ständige Versprechen, Israel zu vernichten und als würden seine Protagonisten nicht geflissentlich in die Tat umsetzten, was sie jedem erzählen der es hören will: durch den Bau von Atombomben, durch den Terror der Hisbollah und der Palästinenser – „muss es möglich sein, eine eigenständige linke Kritik auch am Verhalten der Alliierten zu formulieren“ (R.).
Statt Selbstkritik zu betreiben, das Versagen der Linken im Angesicht des Nationalsozialismus zu analysieren und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen, zu denen auch gehören sollte, gerade am 13. Februar, und im Bewusstsein das gerade auch im Antiamerikanismus die Volksgemeinschaft (aber auch die Umma) zu sich selbst kommt, das die Bürger der Vereinigten Staaten sehr wohl Dank verdienen, dafür das sie betrieben haben und betreiben, was eigentlich Anspruch der Linken ist: nämlich Antifaschismus. Jene also zu bekämpfen - wenn es sein muss auch militant - die noch hinter die Freiheiten und Zumutungen der bürgerlichen Gesellschaft zurückfallen wollen.
Statt - wenn es schon die marginale Linke nicht selber schafft der Barbarei etwas ernsthaftes entgegenzustellen und aktuell auch nicht schaffen will, da sie lieber mit den Feinden der Freiheit kollaboriert - solidarisch mit denen zu sein die die Aufklärung noch gegen jene verteidigen die sie negativ aufheben wollen, ist für Ralf nur klar, das es keinen „zivilisatorischen Krieg“ (R.) geben kann. Obwohl gerade die jüngere Geschichte Deutschlands das Gegenteil belegt.
Die Lehre der Deutschen aus Auschwitz ist deswegen falsch. Denn diese lautet ja bekanntermaßen eben nicht: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Nationalsozialismus!“, sondern: „Nie wieder Krieg!“, und in ihrer Konsequenz: „Nie wieder Krieg gegen Faschismus!“. Die Katastrophe war für sie nicht die Ermordung ihrer jüdischen NachbarInnen, die sie durchführten, sondern die Umsiedlung der Deutschen („Vertreibung“); der Zivilisationsbruch nicht die rauchenden Schornsteine von Auschwitz, sondern die Bombardierung von Dresden.
Dieser, auf einen Opfermythos beruhende, Pazifismus macht zu einem wesentlichen Teil das Selbstverständnis des postnazistischen Deutschlands aus. Ein Pazifismus, der sich in Gegensatz zu den USA und Israel stellt; denen er es zum Vorwurf macht unilateral und militärisch ihre Interessen durchzusetzen. Interessen politischer und ökonomischer Natur, die, im Rahmen des unvernünftigem Ganzen, vernünftig und der Aufklärung verpflichtet sind und im Gegensatz stehen zur Unvernunft und zum Wahn derer, denen die Friedensfreunde, unter Hinweis darauf das Israel und die USA auch welche haben, den Bau von Atomwaffen zugestehen. Diesen Pazifismus weltweit durchzusetzen, ist das ach so geläuterte Deutschland angetreten und versucht es über EU oder UNO nach Kräften.
Es ist heute die Appeasementpolitik der Europäer und im besonderen Deutschlands (Das nebenbei bemerkt größter Handelspartner des Irans ist.), ihr „kritischer Dialog“ – statt effektive Sanktionen zu verhängen und alle nichtmilitärischen Mittel zu nutzen um Druck auszuüben und denn Iran vom Atomwaffenbau abzubringen – der einen Angriff auf den Iran erst notwendig machen.
Es gilt sich klarzumachen: Islamismus und Pazifismus sind deutsche Ideologie auf der Höhe der Zeit. Während die einen den Krieg gegen die Juden und den Westen gewaltsam führen, halten die anderen ihnen aus Antiamerikanismus, Antisemitismus oder bestenfalls grenzenloser Ignoranz und Naivität den Rücken frei. Ihre Einigkeit in der Ablehnung und Dämonisierung der USA und Israels, korresprondiert mit ihrer Ablehnung individueller Freiheit. Unter Freiheit verstehen sie nur die der autochthonen Kollektive vom „amerikanisierten“ Westen, der Aufklärung und Zivilisation.
Aus diesen Gründen kann es nicht Aufgabe einer emanzipatorischen Linken sein, die Deutschen in ihren Glauben an ihr Opferdasein und ihrer daraus resultierenden Friedenssehnsucht – die nur den Frieden mit den schlechten Verhältnissen wie sie sind und Frieden mit denen, die noch furchtbarere erkämpfen wollen bedeutet - zu bestärken, sondern es muss darum gehen, die gerade am 13. Februar sich in extremer Weise zeigenden Mythen und Ideologien anzugreifen.
Statt also „Militärkritik“ (R.) zu betreiben, gilt es Pazifismus, Apeasementpolitk und die antiamerikanische und antisemitische Friedensbewegung, also die deutsche Ideologie in ihrer postnazistischen Form zu denunzieren.
Gilt es den Deutschen im allgemeinen und den Dresdnern im besonderen, immer wieder vorzuhalten was Eike Geisel schrieb: „Mit dem beständigem Hinweis (...), daß Deutschland aufgrund seiner eigenen Geschichte eine besondere und weltweite Verantwortung für den Frieden habe, soll vor allem eine deutsche Errungenschaft der jüngeren Geschichte vergessen gemacht werden: das nämlich der einzige deutsche Beitrag zur Zivilisation im 20. Jahrhundert darin besteht, den Krieg als Mittel der Politik eben nicht abgeschafft, sondern im Gegenteil ihn als Sachverwalter der Humanität überhaupt erst möglich gemacht zu haben.“ (Eike Geisel, Die Banalität des Guten, 1992, S. 121).
Wer zudem, wie Ralf in seinem Text, wiederholt auf „Herrschaft“ und die dringende Notwendigkeit sie zu kritisieren verweist, ohne je zu konkretisieren was für Herrschaft gemeint ist - ohne also zu verdeutlichen das nicht persönliche Herrschaftsverhältnisse, sondern die apersonelle Herrschaft des Wertgesetzes, also ein ökonomische Verhältniss, die gesellschaftliche Realität formt, durchdringt und diese seiner Logik unterwirft, und die jeder reproduziert der eine Ware, und dazu gehört bekanntlich auch die Arbeitskraft, kauft oder verkauft - der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Verhältnisse zu verschleiern statt aufzuklären.
Der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, in den antisemitischen Kanon einzustimmen der hierzulande von links bis rechts gesungen wird und der notwendig in die Barbarei führt. Denn unter welcher Herrschaft die Deutschen sich und jene Völker und Banden, mit denen sie sich verbünden und solidarisieren, wähnen, ist offensichtlich: das gewissenlose internationale Finanzkapital (die sogenannten Heuschrecken), die Wallstreet, Amerika, die Juden und ihr Staat – Israel.
(Zur Verbreitung des Antisemitismus in Deutschland und Europa vgl.: W. Heitmeyer (Hrsg): Deutsche Zustände, Folge 2 Frankfurt/M (Suhrkamp) 2003; Euro-barometer, http://europa.eu.int/comm/puplic-opinion/archives/flash-arch.htm 2008; EUMC – Studie „Manifestations of Anti-Semitism in the European Union – First Semester 2002 -Synthesis Report “ Wien 2003)
Hier gilt: wer nicht von der Kritik der politischen Ökonomie und der dieser Ökonomie adäquaten Ideologien reden will, soll zu Herrschaftskritik schweigen.
Dieses ideologische Gebräu noch mit einem Zitat von Adorno abzuschließen, welches in seinem Zusammenhang, aus dem es gerissen wurde, das Gegenteil von dem meint was Ralf in seinem Text fordert und behauptet, ist dreist.
Adorno schrieb: „Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen: ihr Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts ähnliches geschehe.“ (Negative Dialektik, Frankfurt a. Main 1966, S.358).
Das ist kein Aufruf zur sozialen Revolution, um die befreite, selbstbewusste Gesellschaft zu erreichen, und erst recht ist er nicht geeignet Ralf´s Ausführungen zu stützen, sondern eine Aufforderung, im Bewusstsein der momentanen Unmöglichkeit dieser Emanzipation der Menschen – die „im Stande ihrer Unfreiheit“ eben statt Emanzipation, lieber Reaktion und Barbarei wählen - das schlimmste – „Auschwitz“ – zu verhindern, um die Möglichkeit offen zu halten eine Gesellschaft „in der man ohne Angst verschieden sein kann“ (Adorno, Minima Moralia, S.116, Frankfurt a. Main 1951) letztlich überhaupt noch erreichen zu können.
Diese Gesellschaft steht im übrigen im Gegensatz zu der von Ralf hochgehaltenen „unveräußerlichen Gleichheit aller Menschen“ (R.), die angeblich „stets originäres Anliegen linker Politik“ (R.) war. Was sie von der bürgerliche Gleichheit, der Gleichheit im Tausch und im Recht unterscheidet, bleibt offen. Spiegelt sich doch in der Forderung nach Gleichheit, wenn auch ungewollt, der Wille zum Kollektiv und die Verneinung des Einzelnen wieder wie es typisch für die deutsche Ideologie ist.
Und da Ralf schon Adorno in Spiel bringt, sei mir erlaubt, ihm mit Adorno zu entgegnen: „Eine emanzipierte Gesellschaft jedoch wäre (...) die Verwirklichung des Allgemeinen in der Versöhnung der Differenzen. Politik, der es darum im Ernst noch ginge, sollte deswegen die abstrakte Gleichheit der Menschen nicht einmal als Idee propagieren.“ (Adorno, Minima Moralia, S.116).
Statt wie versprochen Anmerkungen zu liefern bietet der Text „Linke Wahrheiten?“ bewusst nur Andeutungen und undeutliches Geraune.
Es ist der Versuch sich nicht zu positionieren um sich einer Kritik zu entziehen. Ein sich aus der, ohne Frage, erbärmlichen Realität herausheben und heraushalten, um von dort aus „ein eigenständiges Instrumentarium zu schaffen, ... eine eigene Sprache zu erfinden“ (R.), mit der die Verhältnisse so verschleiert werden können, dass das friedensbewegte Weltbild nicht ins wanken gerät, das nicht mit jenem Unsinn gebrochen werden muss, den Ralf für links hält und der leider die Linke aktuell tatsächlich ausmacht. Dies lässt einen mehr oder weniger deutlichen Blick auf das dahinter liegende Denken bzw. Nichtdenken zu.
Die von ihm geforderte „Absage an staatliche Realpolitik“ (R.) ist in ihrer Konsequenz eine Absage an Israel und dessen Notwendigkeit.
Sie zeigt, das Ralf weder vom Antisemitismus noch von der mörderischen Form der Krisenbewältigung, wie sie in Deutschland durchgeführt wurde, etwas verstanden hat.
Statt Kritik, die ihm ja vorgeblich am Herzen liegt, zu schärfen, statt dazu beizutragen sich einen Begriff von der Sache zu machen, offenbart sich die Verweigerung vor den Anstrengungen und Konsequenzen, die mit einen zuende denken seiner „Anmerkungen“ und Fragen verbunden wäre.
Dann würde auch deutlich, dass das was Ralf als „herrschaftskritische Anmerkungen“ bezeichnet, nichts anderes als eine Sammlung von Unterstellungen, Widersprüchen und Lügen – deutsche Ideologie par excellence – ist, die vollständig aufzuzählen und zu widerlegen erstens den Rahmen sprengen würde und zweitens bedeuten würde, Ralf´s „Anmerkungen“ in den Status der Diskussionswürdigkeit zu erheben, sie also unnötig aufzuwerten.