2007-12-01

Wieso hat ein KZ eine Antifa?

Angespornt von nada`s „Besuch beim Schwarzen Block“ soll im folgenden das Stöckchen aufgegriffen und der „assoziation autonomer umtriebe dachau“ einige Zeilen gewidmet werden.

Stephan Poromka und Hilmar Schmundt schreiben in Ihrem Buch „Böse Orte“ (List, 2006) über Orte der Erinnerung an die deutschen Verbrechen:

„Seit den sechziger Jahren hat sich in Deutschland ein dichtes Netz des Erinnerns an den Holocaust entwickelt. Im Mittelpunkt standen seit der Eröffnung der Gedenkstätte in Dachau 1965 die so genannten Opferorte, für die der jeweiligen Umgebung die Bereitschaft zur Erinnerung, zu Trauer, Scham und Mitleid häufig erst abgetrotzt werden musste.
Wenn man überhaupt bereit war, sich den Tatsachen der Vergangenheit zu stellen, dann entweder abstrakt oder entschärft: isoliert an wenigen Gedenkorten und fokussiert auf wenige Haupttäter. Die konkreten Spuren des Alltages unter dem NS-Regime wollte man vor der eigenen Haustür nicht hervorheben.“
Fährt man heute mit der S-Bahn von München nach Dachau fällt möglicherweise immer noch ein Plakat auf, welches einen kostenlosen Shuttlebus von der „KZ-Gedenkstätte in die historische Altstadt“ anbietet. Im braunen Dachau möchte man tatsächlich nicht darauf reduziert werden dem „Unglück“ anheim gefallen zu sein, das hier das erste Konzentrationslager des Nationalsozialismus eingerichtet wurde.

So hat die Stadt Dachau auf ihrer Tourismusseite folgendes veröffentlicht:
"Der Niedergang des Ortes kam mit dem Ersten Weltkrieg. Dachau verarmte, und bald zählte der Markt zu den Gemeinden mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Mit der Errichtung des Konzentrationslagers 1933, das von Anfang an den Namen "Dachau" trug, obwohl es zunächst außerhalb des Ortes lag, legte sich ein Schatten über Dachau. Die einstmals angesehene Künstlerstadt wurde in aller Welt zum Inbegriff des menschenverachtenden Terrors des NS-Regimes.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten in Dachau ein neues Zuhause. Mit ihnen schnellte die Zahl der Einwohner in die Höhe, und in Dachau-Ost entstand ein neues Stadtviertel. Inzwischen zählt Dachau, das am 15. November 1933 zur Stadt und am 1. Februar 1973 zur Großen Kreisstadt erhoben wurde, 39 000 Einwohner."
Besondere KämpferInnen gegen die „Schatten über Dachau“ haben sich in der örtlichen Antifagruppe zusammengefunden. So veröffentlichten sie in der BILD Zeitung für anständige Deutsche vor kurzem einen Text in dem sie sich rühmen eine Naziparole, die monatelang an der "Grund- und Hauptschule Dachau Süd" prangte, entfernt zu haben.

So grotesk tatsächlich das dort beschriebene Verhalten der städtischen EntscheidungsträgerInnen ist, so absurd ist die Aufregung die, die Saubermänner- und frauen der „aaud“ verbreiten.
Es ist befremdlich und beschämend, wie abgestumpft die Menschen für dieses Thema in Dachau sind. Diesen Mist zu entfernen ist ein kleiner Handgriff und von deren Seite wird nur über die Zuständigkeit gesülzt!

Da man um so etwas nicht betteln muss gingen am Morgen des 29. November die AntifaschistInnen in der ersten Pause einfach hin und haben den Dreck übermalt. Der stellvertretende Rektor hat´s dann auch noch live mitbekommen, schritt aber nicht ein.

Das Ganze hat ungefähr zehn Minuten gedauert, wofür die Stadt und Schulleitung, nachdem sie darauf hingewiesen wurden, fast zwei Monate nicht in der Lage waren! Das kann zwar die Ignoranz auch nicht ausgleichen, aber es hat gezeigt, dass es hier Menschen gibt, die neonazistische Propaganda in keiner Weise dulden. Und das wird auch so bleiben…
Statt ihre Kritik gegen die Tätergeneration und deren Nachgeborenen zu richten möchte man Aufklärung gegen „Rechtsextreme“ betreiben und endlich wahrgenommen und gelobt werden Dachau ein „freundliches“ Gesicht zu geben.
"Dachau ist die Stadt mit dem ersten Konzentrationslager in der Herrschaft des Nationalsozialismus! Dem Prototyp für die spätere systematische Vernichtung von Millionen Menschenleben. Somit besteht eine permanente Verantwortung seitens seiner EinwohnerInnen, Tendenzen in diese Richtung, auch nur minimalster Art, aufzudecken und zu bekämpfen. (...)
Primäres Ziel ist die Schaffung eines antifaschistischen Gegenbewusstseins."
Dieser kleine anständig deutsche Aufstand wird sekundiert vom Kampf für so genannte „Freiräume“ wie sich das für ordentliche Linke eben gehört. 
Die dem zugrundeliegende Ideologie beschreibt die „aaud“ wie folgt:
„Die herrschende Klasse behauptet stetig, dass mit der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation des weltweiten, allumfassenden Kapitalismus das Ende der Geschichte erreicht wäre. Mit der bürgerlichen „Demokratie“ als Zusatz, sind in diesem System jedoch nur die Freiheiten der Ausbeuter gesichert.

Innerhalb des Systems ist keine Gerechtigkeit möglich, da dieses Wirtschaftssystem, der Besitz der Produktionsmittel in den Händen einer Minderheit, die Einteilung der Menschen in „Ober“- und „Untermenschen“ voraussetzt, Ausbeutung zum Prinzip macht. Politischer Einfluss wird nur durch die alle paar Jahre stattfindende Wahl der Intensität der Ausbeutung gewährt.

Eine Veränderung der bestehenden Verhältnisse kann nur durch die Beseitigung ihrer Ursachen langfristig gelingen: Durch eine soziale Revolution!“
Wie die Exekution dieser „Revolution“ aussieht haben die Dachauer BürgerInnen bereits bewiesen. Das dies jedoch von Dachauer Antifa nicht begriffen wird beenden sie ihren Pamphlete gelegentlich mit einer besonders skurrillen Parole:
„Nie wieder Faschismus in Dachau!“